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Einige Finanzämter versagen derzeit im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung bei natürlichen Personen, über deren Vermögen ein Regelinsolvenzverfahren anhängig ist, und deren Einkünfte den Gewinneinkunftsarten i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG (Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, Selbständige Tätigkeit) zuzurechnen sind, die Abzugsfähigkeit der Insolvenzverwaltervergütung als Betriebsausgabe. Diese teilweise vertretene Auffassung findet ihre Bestätigung insbesondere durch nachfolgende Rechtsprechung.

a. Finanzgericht Niedersachsen, Gerichtsbescheid v. 22.06.2023

Gegenstand der Entscheidung ist eine Zahnarztpraxis, die ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelte und deren Geschäftsbetrieb im Regelinsolvenzverfahren fortgeführt wurde. Nach Auffassung des FG Niedersachsen sei die Vergütung eines Insolvenzverwalters, der die betriebliche Tätigkeit des Schuldners im Rahmen des Regelinsolvenzverfahrens fortsetzt, nicht betrieblich veranlasst, sodass kein Betriebsausgabenabzug in Betracht käme. Folgendes führt der Senat u.a. dazu aus:

„Bei wertender Beurteilung des auslösenden Moments der Entstehung der Insolvenzverwaltervergütung ist diese vorrangig durch das gemeinschaftliche Interesse der Gläubiger und der Öffentlichkeit veranlasst, in einer Situation, in der das verbleibende Vermögen des Gemeinschuldners nicht mehr ausreicht, alle Gläubiger zu befriedigen, ein geordnetes und sachgerechtes Verfahren zur Verteilung des Vermögens zu schaffen und zu vermeiden, dass derjenige, der über die stärkeren (möglicherweise auch unlauteren) Druckmittel verfügt, sich einseitige Vorteile gegenüber den anderen Gläubigern verschafft. Dieses Allgemeininteresse an der Einsetzung eines Insolvenzverwalters als Partei kraft Amtes und der Zuweisung einer Vergütung für dessen Tätigkeit durch eine öffentlich-rechtliche Vergütungsordnung ist nicht der Erwerbssphäre des Insolvenzschuldners zuzuordnen.

b. Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil v. 19.09.2023

Gegenstand dieser Entscheidung ist ein gewerblicher Unternehmer, der seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich (Bilanzierung) ermittelte. In den entsprechenden Bilanzen waren jeweils Rückstellungen für Insolvenzverwaltervergütungen ausgewiesen. Von dieser Verwaltervergütung wurden 12,17 % dem privaten Bereich und 87,83 % dem betrieblichen zugeordnet (Verhältnis zwischen dem zu verwertenden Betriebs- und Privatvermögen). Im Rahmen der Steuerveranlagung berücksichtigte das Finanzamt die Rückstellungen für die Verwaltervergütungen nicht. Das Gericht gab dem Finanzamt Recht und vertrat auch hier die Auffassung, dass mangels Abzugsfähigkeit der Verwaltervergütung als Betriebsausgabe keine Rückstellung gebildet werden könne. Eine Aufteilung der Verwaltervergütung anhand objektiver Kriterien käme ebenso nicht in Betracht, da es für den Bereich der Ertragsteuern noch keine gerichtliche Entscheidung dazu gäbe, ob und ggf. nach welchem Aufteilungsmaßstab eine sowohl betrieblich als auch privat veranlasste Insolvenzverwaltervergütung aufzuteilen sei. Im Ergebnis würden die privaten und beruflichen Gründe für das Insolvenzverfahren jedoch so zusammenwirken, dass eine Trennung oder auch eine Schätzung nicht möglich bzw. willkürlich wäre und daher ein Abzugsverbot hinsichtlich der gesamten Verwaltervergütung als Betriebsausgabe bestehe.

c. Einschätzung und Handlungsempfehlung

Die generelle Versagung der Abzugsfähigkeit der Insolvenzverwaltervergütung als Betriebsausgabe erscheint in Anbetracht der Entscheidung des Großen Senats (Beschluss v. 21.09.2009 - GrS 1/06) zu gemischt veranlassten Aufwendungen wenig nachvollziehbar. Eine Untrennbarkeit der Veranlassungsbeiträge liegt nach unserer Einschätzung nicht vor. Als Maßstab käme z.B. eine Aufteilung auf Grundlage der Forderungsanmeldungen zur Insolvenztabelle oder des verwerteten Vermögens in Betracht.

Beide Entscheidungen liegen aktuell dem Bundesfinanzhof (BFH) unter den Aktenzeichen BFH III R 35/23 und BFH - VIII R 15/23 vor. Daher sollte gegen die Einkommensteuerbescheide insbesondere in Fällen der vollständigen Versagung des Betriebsausgabenabzugs aus der Verwaltervergütung Einsprüche eingelegt und ggf. das Ruhen der Verfahren beantragt werden. Im Rahmen von Insolvenzplanverfahren sollte bei der Erstellung der Ertrags-/Liquiditätsplanung unter Vorsichtsgründen vorerst keine Insolvenzverwaltervergütung mit einbezogen werden.